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HISTORISCHER ZEITUNGSARTIKEL:
Neues Österreich

31.7.1945

Historisches Logo der Zeitung »Neues Österreich«

Arbeitsunlust muß überwunden werden

Notwendigkeit der Selbsthilfe - Für absolute Sauberkeit der Staatswirtschaft

In den letzten Tagen sprach Unterstaatssekretär Lois Weinberger in mehreren gut besuchten Versammlungen des Arbeiter- und Angestelltenbundes, zuletzt in der Josefstadt und am Alsergrund, über die neue österreichische Politik und die kommenden großen Aufgaben. Unter Hinweis auf die ernste Versorgungslage unterstrich der Redner die unbedingte Selbsthilfe des österreichischen Volkes.

Ohne entsprechende Kompensationsprodukte werde uns niemand die notwendigen Lebensmittel liefern. Es müßten sich also alle arbeitsfähigen Männer und Frauen unverzüglich in die Betriebe und Werkstätten begeben und es dürfe nicht mehr länger zugesehen werden, wie auf der einen Seite tausende junger Menschen in den Kaffeehäusern, Unterhaltungslokalen und Bädern herumlungern, während auf der anderen Seite die Arbeitskräfte für die allerdringendsten Bauarbeiten, Brückeninstandsetzungen usw. fehlen.

Die Arbeitsunlust müsse so oder so überwunden werden, wenn notwendig auch durch ernste Maßnahmen seitens der Regierung.

Erst wenn wir selbst den Beweis des Lebenswillens erbracht hätten, würde ein Appell an ausländische Hilfe Aussicht auf Erfolg haben, Mithilfe des Auslandes werde freilich unerläßlich sein.

Der Redner erinnerte in diesem Zusammenhang an die wiederholten Erklärungen, daß Österreich kein besiegtes, sondern ein befreites Land sei, und auf die, während der Jahre des Nationalsozialismus, gerade von den Siegermächten immer wieder abgegebenen Erklärungen, daß wir anders behandelt würden als die am Kriege Schuldigen.

Verstaatlichung, aber nicht Verbürokratisierung

Die großen Aufgaben, die Österreich vor sich hat, werden vielfach neue Wege und neue Formen bedingen. Es gibt Leute, die hinter der Forderung nach Sozialisierung oder Verstaatlichung weiß Gott was Böses vermuten. In Wirklichkeit ist hier gar nichts zu befürchten.

Es liegt vielmehr im wohlverstandenen Interesse des gesamten Volkes, gewisse Wirtschaftsbereiche und besonders wichtige Produktionszweige in die Obhut des Staates, eines Landes, einer Gemeinde oder dergleichen zu nehmen und dafür zu sorgen, daß sie im Sinne der Allgemeinheit und zum Wohle aller rationell geführt und genutzt werden.

Wir haben auch da Erfahrungen, aus denen wir lernen können. Manche Beispiele der Verstaatlichung aus der Zeit nach dem ersten Weltkrieg sind keinesfalls verlockend. Andere wieder, so die ersten Kommunalisierungen der Wiener Verkehrs- und Versorgungsbetriebe durch den größten Bürgermeister, den Wien je hatte, durch unseren Dr. Karl Lueger, unsere Tabakregie und andere mehr, weisen deutlich nach, daß es sehr wohl möglich ist, auch verstaatlichte, vergemeindete oder sonst irgendwie entprivatisierte Betreibe richtig zu führen. Rationell, kaufmännisch, wendig und sauber.

Unmöglich wäre eine Verbürokratisierung verstaatlichter Unternehmungen.

Unmöglich wäre die Vorstellung, daß es anläßlich der Verstaatlichung billige und fette Generaldirektoren- und Direktorenpöstchen für irgendwelche Interessenten zu verteilen gäbe. Die absolute Sauberkeit in der Wirtschaft, in der Gesellschaft, in der Gesellschaft und im Staate ist eines der obersten Gebote unserer Politik.

Schließlich wandte sich der Redner dagegen, daß sich bedauerlicherweise auch kriminelle Elemente als politische Märtyrer ausgeben, alle möglichen Forderungen stellen und mit den in ihrer Welt üblichen Methoden manchmal auch durchsetzen. Im Namen aller wirklich politisch Gefangenen und Opfer des vergangenen Systems und aus Gründen der Selbstachtung muß die baldige und reinliche Scheidung zwischen politischen Häftlingen, politische KZlern und solchen verbrecherischen Elementen verlangt und vollzogen werden. Was kriminell ist, gehört dorthin zurück, von wo es kam!

Der Unterstaatssekretär schloß seine beifälligst aufgenommenen Ausführungen mit der Zuversicht: Österreich wird unbedingt leben, wenn alle anständigen Österreicher daran glauben und dafür arbeiten.

Historischer Zeitungsartikel: Neues Österreich, 31.7.1945

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