14.3.1926
Ein jugendliches, fesches Kostüm ist ein viel zu passender und hübscher Vormittagsanzug, als daß es sich nicht wieder allgemein durchsetzte, nachdem es für die kommende Saison mit Macht propagiert wird. Eine Vorbedingung allerdings muß erfüllt werden: es muß jugendlich aussehen und sich durch einfacheren und strengeren Stil wirkungsvoll von seinem Konkurrenten, dem Complet, unterscheiden.
Deshalb sind bei den neuen Modellen die Jacken kurz und knapp und schneidermäßig verarbeitet und die Röcke gerade und sportlich mit und ohne Falten. Man arbeitet Gürtel-, Smoking- und Sakkojacken. Die Gürteljacken können einen schmalen, rund herumgehenden Gürtel haben, öfter noch arbeitet man sie mit seitlichen oder rückwärtigen Gürtelteilen, die irgendwie auf besondere Weise übergeknöpft oder durchgezogen werden, in Taschen enden oder diese mit einem Knopf schließen.
Taschen werden überhaupt wieder viel getragen, nicht nur aus Nützlichkeitsgründen, in der Hauptsache sind sie ein wichtiger Ruhepunkt für Blenden, Patten, Nähte, die man heute mit Vorliebe von der Schulter zum Jackensaum, respektive zur Tasche durchlaufen läßt. Dadurch kann man an der Kreuzungsstelle von vertikaler Patte mit horizontalem Gürtel neue hübsche Effekte erzielen, deren reale Unterlage die meist recht große Tasche ist.
Bei gürtellosen Jacken wiederholt sich oft die Schnittform der Jacke an der Tasche, dieselbe Schweifung oder Biegung der Linien bildet Jackenschluß und Taschenkante. Die Sakkojacke hält sich ziemlich streng an das Sakkojackett des Herrn, nur daß sie auf mannigfachere Art geschlossen werden kann: mit einem Knopf, der die Jacke knapp um die Hüfte zusammenhält, bis zum zweireihigen, aus 6 Knöpfen bestehenden Schluß.
Die gebundene Jacke sieht man seltener, höchstens bei einem Taft- oder Seidenkostüm für den Nachmittag, das dann aber nicht mit den üblichen Herrenrevers gearbeitet ist, sondern zum Beispiel mit einem kleinen, im Nacken hochstehenden Kragen, der vorn weich nach dem Vorderschluß zusammenfällt- Die Smokingjacke hat ihre engste Stelle nicht in der Taille, sondern über der Hüfte und kann sowohl aneinander- wie übereinander geknöpft werden.
Im letzteren Fall läßt man als Neuheit die Jackenenden nach unten wieder auseinandergehen. Ein hübscher Einfall ist es, Smokingjäckchen für den Sommer aus Seide, Shantung oder Taft zu arbeiten. Dazu trägt man dann einen gestreiften oder gemusterten Rock aus derselben Seide mit einem passenden Jumper dazu. Einfarbene Jacken und karierte oder gestreifte - längs und quer - Röcke sind überhaupt große Mode oder auch dunklere Jacken mit einem helleren, farblich abstechenden Rock.
Kostüme, die man als Extravaganz tragen kann, wenn man noch eines oder zwei normale für alle Gelegenheiten daneben besitzt, sind das oben erwähnte gebundene Taftkostüm im Phantasiestil, das dann meistens noch mit Biesen, Festons oder übereinander abgenähten Faltentreppchen verziert wird, und die Bolerojacke, die mit einem Zwölfbahnenrock getragen wird, eine Zusammenstellung, die zwar sehr hübsch aussieht, aber doch etwas absonderlich anmutet, heute, wo man schon einen Dreibahnenrock als überlebt empfindet.
Ullstein-Schnittmuster zu obigen Modellen und zu weiteren 2000 Modellen: 1. Bezirk, Rosenbursenstraße 8, 6. Bezirk, Mariahilferstraße 31.
Beschriebene Modelle von links nach rechts
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