WIR GRATULIEREN! MENSCHEN SCHREIBEN GESCHICHTE

Im deutschen Reich wird seit einiger Zeit eine sehr wirksame Aufklärungsarbeit zur Förderung des Milchkonsums geleistet. Plakate werben für "das weiße Blut", Flugblätter klären die Massen über die Verwendung von Voll- und Magermilch, von pasteurisierter Kindermilch, von Säuglings- und saurer Milch auf, kleine Kochbücher mit lustigen Illustrationen enthalten vorzügliche, zum Teil sehr wenig bekannte Rezepte für schmackhafte Milchspeisen, die besonders deswegen empfehlenswert sind, weil sie durchweg billige Zutaten und rasche Zubereitung berücksichtigen.

Da erfährt man, daß ein Liter unverfälschter Milch so viel Nährwert wie ein ganzes Kilogramm mageres Fleisch enthält; daß in den modernen, nach den neuesten Vorschriften der Wissenschaft und der Hygiene geleiteten Großmolkereien die Milch wirklich restlos rein in den Konsum gebracht wird. Flugblätter laden darum zum Gesellschaftsbesuch der Mustermilchbetriebe ein.

Auch bei uns in Österreich läßt leider der Genuß von Milch - besonders im Vergleich mit dem Alkoholgenuß - noch sehr viel zu wünschen übrig, so daß eine großzügige "Milchpropaganda", wie sie jetzt in Deutschland betrieben wird, gewiß von Vorteil wäre. Ein Glas gekühlter Milch, rasch im Vorübergehen in der Molkerei getrunken, ist eine wirkliche Erfrischung, an die bei uns niemand denkt und die, zum Beispiel in England, eine Selbstverständlichkeit geworden ist.

In England ist der Genuß gekochter Milch eigentlich so gut wie unbekannt. Eine überaus strenge staatliche Kontrolle der Kühe auf Tuberkulose und Maul- und Klauenseuche schließt jede Gefahr der Infizierung aus und ermöglicht deshalb, die Milch ohne Gefahr, frisch und gekocht, in der einzig schmackhaften Form zu genießen. Wie wär's, wenn wir die deutsche Propaganda und die englische Kontrolle nachahmen würden?