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HISTORISCHER ZEITUNGSARTIKEL:
Wiener Allgemeine Zeitung

16.7.1918

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Die Gasthaussperre.

Schon vor einiger Zeit konnte man in Wien die Wahrnehmung machen, daß bald da, bald dort an den Fenstern eines Gasthauses ein Zettel hing, der besagte, wegen Mangel an Lebensmitteln müsse das Lokal "bis auf weiteres" gesperrt werden. Als die allgemeine Lebensmittelknappheit noch schärfer wurde, verfiel man im Ernährungsamt auf den Gedanken, in den Gasthäusern und Hotels Nachschau nach aufgestapelten Lebensmitteln zu halten. Man war zu diesem Vorgehen durch die vielfachen und sicherlich nicht unberechtigten Klagen veranlaßt worden, daß in den Gasthäusern oft noch sehr gut gespeist wird und dabei vielfach die bestehenden Lebensmittelvorschriften übertreten würden.

Die durchgeführten Requisitionen ergaben nun, daß wohl hie und da größere Mengen von Lebensmitteln, besonders Mehl und Fett, aufgestapelt waren, man vergaß aber ganz, daß diese Nahrungsmittel immerhin dazu dienten, jenen Teil der Bevölkerung zu ernähren, welcher einzig auf das Gasthaus angewiesen ist. Außerdem erstrecken sich auch diese Requisitionen auf kleine, in Arbeiterbezirken liegende Gasthäuser, welche mit ihrem kleinen, mit schwerer Mühe zusammengetragenen Lebensmittelvorrat ihre nicht sehr zahlungskräftigen Gäste mittags oder abends verköstigen. Sie erklärten, nun nicht mehr in der Lage zu sein, ihren Betrieb weiterführen zu können.

Was sie bisher an Lebensmitteln besessen hätten, hätten sie mit schweren Geldopfern durch den Schleichhandel, besonders über die ungarische Grenze, erhalten. Sie drohten daher zu sperren, und jetzt haben sehr viele Wirte diese Drohung auch bereits verwirklicht. In einer Deputation beim Ernährungsminister verlangen Vertreter der Wirte ganz unverblümt, daß ihnen offiziell die Versorgung durch den Schleichhandel gestattet werde. Dieser Forderung, die stark unterstrichen wurde, läßt sich natürlich nicht in Bausch und Bogen nachkommen. Denn der Schleichhandel ist eine höchst ungesunde Erscheinung unseres Wirtschaftslebens, und würde er noch sozusagen offiziös zugelassen werden, so würde überhaupt die ganz Organisation der Lebensmittelversorgung ins Wanken geraten.

Die schwierige Lage der Wirte ist vollkommen klar, aber sie ist nur eine Teilerscheinung der ganzen derzeitigen Kriegswirtschaft und kann daher nicht mit kleinlichen und dazu recht fragwürdigen Mitteln gelöst werden. Abhilfe kann da nur ein Versorgungsplan schaffen, der mit der neuen Ernte sofort in Wirklichkeit umgesetzt und mit Energie auch durchgeführt wird. Dann wir es auch möglich sein, die Gasthäuser so zu versorgen, daß sie nicht mehr auf den Schleichhandel angewiesen sind.

Historischer Zeitungsartikel: Wiener Allgemeine Zeitung, 16.7.1918

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