5.3.1921
Aus Schärding, 1. d., wird dem "Linzer Volksblatt" geschrieben:
Zwischen Passau und Schärding besteht in jüngster Zeit eine Art Kriegszustand, besser gesagt zwischen Passauer und Schärdinger Burschen. Das kam so: Am Sonntag, 20. Februar, weilten wieder wie so oft zahlreiche Passauer in unserer Stadt und taten sich an all den Dingen gütlich, die sie um ihre Märkle recht billig erwerben können. Passauer Burschen ließen sich in einem hiesigen Gasthaus den Wein gut schmecken während daneben Oesterreicher saueren Most tranken.
Dieser an und für sich schon schwer zu ertragende Kontrast wurde auf die Spitze getrieben, als die Schärdinger noch obendrein von den Passauern gehänselt wurden: "Da schaut her, die Oesterreicher können sich mit ihren Kronen nur noch sauren Most kaufen, während wir mit unseren Mark Wein trinken können!" Aus den Sticheleien wurde eine solenne Rauferei, die sich auf dem Stadtplatz fortsetzte und wobei es einige nicht ungefährliche Messerstiche gab.
Das Ende war, daß die Passauer die Flucht ergreifen mußten. Sie schwuren den Schärdingern Rache. Am letzten Sonntag sollte angeblich der Revanchefeldzug stattfinden. Schärding glich einem Heerlager. Ueber fünfzig Gendarmen waren in der Stadt zusammengezogen, der Bahnhof wurde strengstens überwacht, jeder, der zum Bahnhof ging oder von dort kam, mußte sich ausweisen. Eine riesige Menschenmenge füllte die Zufahrtswege zum Bahnhof, denn es hieß, mit dem Zuge um halb 5 Uhr würden die Passauer Streitkräfte eintreffen.
Der Zug kam, aber es stieg kein einziger Passauer aus, worauf sich die Menschenmenge zerstreute. Also momentan herrschen hier gegen den Anschluß lokale Bedenken vor und der Streitfall harrt noch der Austragung.
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