WIR GRATULIEREN! MENSCHEN SCHREIBEN GESCHICHTE

Startseite.

Schriftzug WIR GRATULIEREN! MENSCHEN SCHREIBEN GESCHICHTE


66 historische Zeitungsartikel gefunden

[ Übersicht & Neue Auswahl ]


Beitrag 43 von 66

Zurück | Vor

HISTORISCHER ZEITUNGSARTIKEL:
Neues Österreich

3.4.1946

Historisches Logo der Zeitung »Neues Österreich«

Die Bundeshymne

Es ist immer ergreifend, wenn neben der wehenden Flagge auch die aufrauschende Hymne einen feierlichen Augenblick begleitet. Ob sie nun mit dem Staatsoberhaupt zur Estrade schreitet oder auf dem Sportplatz die fremden Gäste begrüßt, ob sie einem zeremoniellen Besuch im Ausland ihre musikalische Folie gibt oder bei festlicher Gelegenheit wie ein Bekenntnis zum Himmel aufsteigt:

der Staat braucht eine Hymne, die seine Stimme ist, weil er bei tausenderlei Anlässen keine andere Möglichkeit hat, um mit einer bestimmten Melodie gerade das zu sagen, was sich anders nicht sagen läßt.

Die Republik Österreich hat bis heute zwar noch immer keine Hymne, aber seit kurzem wenigstens ein Komitee, das sich die Beseitigung dieses Mangels zum Ziel gesetzt hat. Man hört (und liest), daß in diesem Komitee Politiker ohne das ausreichende musikalische und Musiker ohne das ausreichende politische Fingerspitzengefühl sich aus Gründen der Tradition noch immer an die alte Haydn-Hymne klammern, obwohl diese Hymne als Deutschlandlied ein für allemal kompromittiert ist.

Der ehrwürdige Choral voll ewiger Schönheit müßte unter allen Umständen die österreichische Bundeshymne bleiben, wenn es sich vermeiden ließe, daß er in der ganzen Welt mit dem millionenfach abgeleierten Deutschlandlied des Dritten Reiches identifiziert wird. Wenn eine österreichische Mannschaft auf einem Pariser Sportplatz ausgepfiffen und davongejagt würde, weil sie sich unter den gleichen Akkorden präsentiert, unter denen über dem Grab des Unbekannten Soldaten die Hakenkreuzfahne hochging, wäre dies nur allzu verständlich.

Das immer wieder auftauchende Risiko eines solchen Eklats in aller Welt wäre äußerstenfalls überhaupt nur vertretbar, wenn sich unter dem unendlichen Schatz kostbarer Musik in Österreich keine zweite Melodie finden ließe, die als Grundlage der Bundeshymne bestehen könnte. Wir haben nicht nur Haydn und Mozart zur Verfügung, sondern auch Schubert und den wienerischen Johann Strauß, der zwar kaum das traditionelle Hymnenpathos, aber doch eine österreichische Visitenkarte von eigenartigem und besonderem Reiz in das internationale Konzert mitbringen würde.

Die Frage der Bundeshymne kann nicht von ein paar Männern am grünen Tisch und auch nicht von oben her durch eine knappe Verfügung geregelt werden. Die Auswahl der Hymne des Volkes ist wie nichts anderes eine Sache des Volkes. Eine Diskussion auf breitester Grundlage, in deren Dienst sich mit musikalischen Vorschlägen auch der Rundfunk zu stellen hätte, ist hier der einzig gangbare Weg.

Es geht nicht darum, eine Verlegenheit zu beseitigen, sondern dem jungen Staat die Melodie zu geben, die ihn vor der ganzen Welt repräsentiert. Mit der Stimme des österreichischen Genius aus dem Herzen des Volkes.

As.-

Historischer Zeitungsartikel: Neues Österreich, 3.4.1946

Erzählen SIE uns von früher. Wir veröffentlichen Ihre Geschichte.

Diese Seite an jemanden senden






Zurück | Vor


XHTML | CSS|

WIR GRATULIEREN! MENSCHEN SCHREIBEN GESCHICHTE.

Ein DER LICHTBLICK Projekt.