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HISTORISCHER ZEITUNGSARTIKEL:
Illustriertes Sportblatt

19.9.1925

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Warum Ausländer?

Der Kampf zwischen den Vereinen und dem Verbande um die Ausländersteuer dauert nun schon geraume Zeit und beide Teile setzen ihren Kopf auf. Der Verband will auf die Steuer nicht verzichten und die Vereine wollen nicht zahlen. Wer genauer zusieht, muß bemerken, daß es sich auf beiden Seiten mehr um eine Prestigefrage handelt.

Die Vereine stehen auf dem nicht unberechtigten Standpunkte, daß sie, die ohnehin schon mit Steuern überlastet sind, keine neue Steuer mehr auf sich nehmen können, am allerwenigsten eine, die gegen ihren Willen vom Verbande über sie verhängt wird. Tatsächlich zinsen die Vereine bereits unter den jetzigen Umständen dem Verbande ganz gehörig und er könnte sich wirklich damit begnügen.

So aber sehen die Vereine immer den bösen Willen der Verbandsleitung ihnen gegenüber, den bösen Willen, der sich schon dadurch dokumentierte, daß man ausgerechnet Herrn Feldmann als Referenten bestimmte, der bei den Vereinen gewiß alles andere als beliebt ist und auf sie bei jeder Gelegenheit "losgeht". Bei einem anderen Referenten wäre die Sache bestimmt nicht so auf die Spitze getrieben worden.

Herr Feldmann hat in einem Montagsblatte - seltsamerweise in einem bürgerlichen Blatte - einen Aufsatz veröffentlicht, in dem er die Gagen einzelner Spieler angab. Es sei ausdrücklich vermerkt, daß das Kontrollkomitee sich verpflichtet hat, die ihm angegeben Gagesummen absolut geheim zu halten, daß also hier ein Vertrauensbruch schwerster Sorte vorliegt. Herr Feldmann gehört dem Kontrollkomitee nicht an, es ist also schon die Frage zu erheben, wie er in den Besitz des Materiales kommen konnte, und dann die zweite Frage, wer ihn ermächtigt hat, dieses Material entgegen allen Bestimmungen der Öffentlichkeit zu übergeben.

Es sind das Fragen, die in unserem Verbande wohl gestellt werden können, aber ganz bestimmt keine Beantwortung finden. Mir san mir und mir san die Herren, und damit Basta. Die anderen sind zum Kuschen da und zum Zahlen. Auch zum Zahlen der Nordlandreisen.

Nun mag man allerdings dem prinzipiellen Standpunkt des Verbandes eine gewisse Berechtigung nicht absprechen. Allüberall in der Welt wird die einheimische Arbeit durch Zölle und andere Abgaben geschützt. Wir sind leider noch nicht so weit, daß alle Zollschranken fallen können, und so bedürfen, so könnte man sagen, auch unsere einheimischen Fußballer einen erhöhten Schutz vor der Konkurrenzierung durch ausländische Arbeitnehmer. Dieses soziale Moment verdient gewiß ernste Betrachtung, man muß aber nur auch hören, was die Vereine dagegen einzuwenden haben.

Sieht man davon ab, daß wie gesagt, die Vereine in der Art, wie die neue Steuer eingeführt wurde, den bösen Willen und die Absicht, ein "Bestemm" zu machen, nicht verkennen konnten, ist dazu noch zu sagen, daß Herr Feldmann die von ihm angeführten Beispiele arbeitsloser Spieler äußerst unglücklich gewählt hat. Abgetakelte Größen, die nur mehr für eine Seniorenmannschaft taugen, wird auch eine gänzliche Sperrung der Grenzen kein Engagement verschaffen, und Spieler, die in ihren Forderungen keine Grenzen kennen und für das Unterzeichnen eines einjährigen Vertrages außer einer Rekordgage noch die Einrichtung einer ganzen Wohnung um den Betrag von 60 Millionen verlangen, müssen eben auch darauf gefaßt sein, daß niemand anbeißt.

Daß sich Herr Feldmann zum Anwalt in diesem Falle aufspielt, ist wohl nur auf eine geradezu groteske Unkenntnis der Verhältnisse zurückzuführen, die ihm allerdings verbieten sollte, öffentlich darüber zu reden.

Es ist keine Frage, daß die ausländischen Spieler bedeutend billiger kommen als die gleichwertigen einheimischen. Billiger in der Gage, die auch dann in in vielen Fällen mehr darstellt, als die Vereine einnehmen können, und billiger in der Ablöse, unter welchem Titel die Vereine hier ja nicht mehr wissen, was sie verlangen sollen. Und man sagt namentlich den Tschechen nach, daß sie auch ernster in der Arbeit und in der Pflichterfüllung sind, was wir tatsächlich nicht für unmöglich halten.

Es mag sein, daß manche Vereine mit Vergnügen Ausländer engagieren. Nicht alle Vereine sind aber nach diesem Schlage und manche möchten am liebsten die Hände ganz fern davon halten, selbst auf die Gefahr hin, deswegen den Spott der "Arbeiter-Zeitung" auf sich zu laden, deren Sportrubrik ja wegen des dort zutage tretenden Überflusses an Intelligenzmangel nicht ernst genommen werden kann. Wenn aber alle Verhandlungen mit Wiener Spielern Forderungen ergeben, die nur mehr lächerlich genannt werden können, so bleibt eben nichts anderes übrig, als daß auch diese Vereine sich im Ausland umsehen und, gewiß nicht gerne, die hiesigen Spieler der verdienten Engagementlosigkeit überlassen.

So steht also die Sache und nicht anders. Die Spielerunion hat sicher die Aufgabe, dahin zu wirken, daß ihre Mitglieder nicht brotlos werden. Das kann sie am besten dadurch erreichen, daß sie ihnen anempfiehlt, die wirklichen Geldverhältnisse der Vereine zu berücksichtigen. Dann würde auch der Import fremder Spieler auf ein geringes Maß sinken und es würden nur solche Spieler aus dem Auslande zu uns kommen, die tatsächlich über der hiesigen Klasse stehen und deren Tätigkeit in wohltuender Weise den österreichischen Fußballsport befruchtet.

Historischer Zeitungsartikel: Illustriertes Sportblatt, 19.9.1925

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