7.9.1935
Von der Höhe herab gehört, klingt das Magenkrachen, das gegenwärtig durch Deutschland geht, ein bißchen nach Gewitterdonner. Begreiflich, daß man da gegen die materialistischen Untermenschen, die durchaus fressen wollen, zu Felde ziehen muß. Gestern war es Chefredakteur Schwarz von Berg vom "Angriff", der zum Angriff gegen die begehrlichen Meckerer vorging. "Wer allzusehr an den Magen denkt", sagt Herr von Berg, "der muß leicht in den Verdacht kommen, ein Marxist zu sein."
So wird der Magen als marxistische Einrichtung enthüllt und hinzugefügt: "In einer Zeit größter Umstellung (offenbar der auf's Hungern), kann auch der klügste Kopf nicht jede Menge Eier, jedes Dutzend Schweinepfötchen, jede Schüssel Apfelmus genau vorausberechnen. Wir haben uns mit nüchternem Verstand über die allgemeine Lage klar zu werden und in die Gedankengänge des Führers hineinzufinden, vor und nach der Mahlzeit." So sieht sie jetzt aus die Mahlzeit.
Vorspeise: Gedanken an den Führer. Hauptgericht: infolge mangelnder Vorausberechnung nicht vorhandener Schweinepfötchen mit Pellkartoffeln. Dessert: Gedanken an den Führer. Bis auch die Pellkartoffeln wegbleiben und der in marxistischem Verdacht stehende Untermensch sich über die allgemeine Lage nicht nur mit nüchternem Verstand, sondern auch mit nüchternem Magen klar werden kann. Es ist aber anzunehmen, daß bereits weitgehendste Klarheit herrscht und nicht einmal der Berg, der im "Angriff" schreibt, noch den Ausblick auf die allgemeine Misere verdecken kann.
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