WIR GRATULIEREN! MENSCHEN SCHREIBEN GESCHICHTE

Startseite.

Schriftzug WIR GRATULIEREN! MENSCHEN SCHREIBEN GESCHICHTE


36 historische Zeitungsartikel gefunden

[ Übersicht & Neue Auswahl ]


Beitrag 26 von 36

Zurück | Vor

HISTORISCHER ZEITUNGSARTIKEL:
Illustriertes Sportblatt

30.1.1926

Historisches Logo der Zeitung »Illustriertes Sportblatt«

Der Fall Jungblut.

Wieder einmal ist ein jugendlicher Sportsmann mit seiner vorgesetzten Schulbehörde wegen der Ausübung seines Sports in Konflikt gekommen, In früheren Jahren waren solche Fälle ziemlich häufig, denn seinerzeit waren die Schulbehörden von vorneherein dem Sporte gegenüber feindlich eingestellt, und es mag in Erinnerung gerufen werden, daß früher die Zugehörigkeit zu irgend einem Vereine, also auch zu einem Sportvereine, durch die Schulordnung ausdrücklich verboten war.

Ausnahmsfälle aber gab es auch schon in vergangenen Jahren. So erhielt der nachmalige Olympionike Otto Sheff im Jahre 1906, als er gerade die fünfte Klasse des Stockerauer Gymnasiums absolvierte, vom Unterrichtsministerium einen mehrwöchigen Urlaub, der ihm die Teilnahme an den olympischen Spielen in Athen und seinen dortigen Sieg im Schwimmen über 400 m ermöglichte.

Jungblut hat es nicht so gut getroffen. Er besuchte bis jetzt die siebente Klasse des Akademischen Gymnasiums und erbat sich einen Urlaub von sechzehn Tagen zu den Starts in Chamonix und in Triberg. Die Direktion seiner Anstalt hatte gegen den Urlaub nichts einzuwenden, da sie aber einen Urlaub von solcher Dauer im eigenen Wirkungskreise nicht erteilen kann, legte sie das Urlaubsgesuch des Schülers befürwortet dem Stadtschulrate vor. Im Vertrauen nun auf eine günstige Erledigung dieses Gesuches reiste Jungblut ab, und als er schon fort war, kam der Bescheid, daß der Stadtschulrat den Urlaub nicht bewillige.

Die Situation war jetzt eine sehr peinliche. Man suchte den Ausweg, indem man Jungblut aus der Liste der öffentlichen Schüler streichen und ihn als Privatisten weiterführen wollte. Aber auch dieser Versuch wurde zunichte gemacht, denn der Stadtschulrat stellte sich auf den Standpunkt, daß hier eine grobe Disziplinarverletzung vorliege, und will auch von einer privaten Weiterführung des Studiums durch Jungblut nichts wissen.

Wir sind nun gewiß die Letzten, die der Ansicht wären, daß die Schule nichts und der Sport alles sei. Die Schule soll zur Gewissenhaftigkeit und zur ernsten Arbeit erziehen, in ihr und nicht im Sport findet die Jugend die Basis für ihr künftiges Leben, die Schule kann es auch nicht dulden, daß man sich über ihre Gesetze hinwegsetzt, wenn sie einem unbequem geworden sind. Es haben schon viele Sportsleute auf einen ihnen wichtig erscheinenden Start verzichten müssen, wenn sie durch ihren Beruf daran gehindert waren.

Jungblut scheint uns aber doch auch einige Entschuldigungsgründe für sich anführen zu können. Dazu gehört vor allem der Umstand, daß er aus der Einwilligung seiner unmittelbaren Vorgesetzten schließen konnte, auch die zweite Instanz werde gegen seinen Urlaub nichts einzuwenden haben. Daß er sich dessen nicht vergewisserte, war allerdings ein grober Fehler, den er hätte vermeiden sollen. Er lebte aber in einer Atmosphäre, die zu einer Überschätzung gerade des Eislaufsports förmlich erzogen wird.

Man bedenke, daß das Gebäude des Akademischen Gymnasiums dem Platze des Eislaufvereines unmittelbar gegenüber liegt, und daß daher alles, was mit dem Eislaufsport zusammenhängt, in den gotischen Hallen am Beethovenplatz einen nur allzu lebhaften Widerhall findet. Jungblut war sicher der vielbestaunte Held unter seinen Kameraden. Darf man ihm es nun gar so übel nehmen, wenn er sich in die Meinung verrannte, er müsse um jeden Preis bei der Meisterschaft dabei sein, und wenn er, um dies zu erreichen, eine Unvorsichtigkeit - mehr ist es ja nicht - beging?

Historischer Zeitungsartikel: Illustriertes Sportblatt, 30.1.1926
Am Eis: Das Eislaufpaar Hochhaltinger-Pamperl. Sie mit Hut und knielangem Mantel, er mit Anzug und Krawatte, beide den linken Fuß elegant angehoben. Fotografie.
"Ein treffliches Wiener Kunstlaufpaar. Frau Hochhaltinger-Herr Pamperl besetzten bei den deutschen Kampfspielen in Triberg den zweiten Platz. Photo Schleich."

Erzählen SIE uns von früher. Wir veröffentlichen Ihre Geschichte.

Diese Seite an jemanden senden






Zurück | Vor


XHTML | CSS|

WIR GRATULIEREN! MENSCHEN SCHREIBEN GESCHICHTE.

Ein DER LICHTBLICK Projekt.