21.8.1935
Dem ersten abendfüllenden Dreifarbenfilm amerikanischer Herkunft "Becky Sharp" ging der Ruf der Sensation voraus, dieser Film sollte der Künder eines neuen Umsturzes in der Kinematographie werden, der Pionier der Farbenphotographie. Um es gleich zu sagen: die technische Lösung ist eine vollkommene, und trotzdem, oder gerade deshalb, wird "Becky Sharp" keinen Menschen von Geschmack und Filmverständnis für die Idee des Naturfarbenspielfilms gewinnen (für den Lehrfilm bedeutet das Verfahren sicherlich einen großen Fortschritt).
Es stellt sich nämlich heraus, daß die sogenannte natürliche Farbe im Film gar nicht natürlich und notwendig - sondern trotz aller Pracht der in allen Details wiedergegebenen Kostüme, Dessins usw. höchst überflüssig und ermüdend wirkt! Im Gegenteil kommen fast alle Reize und Vorzüge der filmischen Darstellung, wie sie sich aus der künstlerischen Natur der Licht- und Schattenwirkung ergeben, in Fortfall, so daß die vielleicht anfängliche Verblüffung über den neuen Chamäleonfilm sehr bald der Langeweile weicht.
Dabei haben der Regisseur und ein von der New-Yorker Revuebühne her bekannter Farbenbeleuchtungskünstler alles versucht, um den Farbenfilm zu motivieren. So ist es ihnen gelungen, eine Szene zu konstruieren, in der die Nachricht von Napoleons Rückkehr ein zeremonielles Ballfest sprengt: in die matten Farben der Teppiche und galanten Tänzer knallen plötzlich die blutroten Mäntel der in die Schlacht sprengenden Offiziere.
Gewiß ist es möglich, in einzelnen Szenenfolgen durch Kontraste und Übergänge von Farben die Handlung des Films zu unterstreichen - aber solche vereinzelte Wirkungen mit Mitteln, die außerhalb der filmischen Schwarzweißkunst stehen, scheinen mit der allgemeinen Einführung der sinnlosen und kunstfremden Naturfarbe allzu teuer erkauft!
Ernst Angel.
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