WIR GRATULIEREN! MENSCHEN SCHREIBEN GESCHICHTE

Es gibt in Wien fünfjährige Kinder, die vor wenigen Tagen die erste Orange in ihrem Leben gesehen haben. Die Frage "Was ist das, Mama?" und ein Biß in die ungeschälte Frucht waren eins; Neugierde und Hunger verbinden sich zu einer Tatsache, die uns Erwachsenen fast unbegreiflich erscheint und uns nur allmählich erkennen läßt, daß das Kind im Recht ist. Wir erwachen aus dem vermeintlichen Traum, dessen Inhalt und Ursache eine so furchtbare Wirklichkeit war, und wieder einmal hat ein kindlich Gemüt über den Verstand der Verständigen einen friedlichen Sieg errungen.

Das Kind, dem die Orange erst jetzt bekannt geworden, wird uns die vergangene schaudervolle Wirklichkeit in einen wenn auch grauenvollen Traum verwandeln helfen, uns, denen das Schicksal erlaubt, noch zu träumen. Wir können diesem Schicksal unsern Dank nur so abstatten, daß wir die Blutschuld der anderen durch ein bewußtes und werktätiges Bekenntnis zur großen Lebensschuld zu tilgen suchen, weniger uns als dem Kind zuliebe, dem es - heute mehr denn je - eine bessere Welt zu gründen gilt, als sie uns beschieden war.