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"Lady Windermeres Fächer", vier Akte von Oskar Wilde, wurden Samstag im Bürgertheater zu spielen versucht. Diese Gesellschaftsstücke aus der Sphäre der englischen Blasiertheit, des Snobismus und Puritanismus gleichen einander wie Zwillingsgeschwister. Die Fabel ist immer konventionell, um nicht zu sagen lächerlich kolportageliteraturhaft. Ob "Lady Windermeres Fächer", "Die triviale Komödie" oder "Die Frau ohne Bedeutung", es ist immer ein funkelndes Feuerwerk geistreichster Pointen. Ihr verführerischer, irrlichtelierender Zauber liegt in einer raffinierten Kultiviertheit des inneren und äußeren Menschen. Die Erfindung in "Lady Windermeres Fächer" ist von jener blasierten, gelangweilten Spannung, die noch im schlechtesten Produkt der Engländer waltet. Aus irgend einem moralischen Spleen oder einer puritanischen Verbohrtheit entwickeln sich bei Wilde Tragödien.

Lady Windermere benimmt sich über Wunsch des Autors, zwecks Konstruction einer verlogenen Komödie nicht "englisch", nicht originell, sondern unlogisch albern. Sie ist eifersüchtig, ohne weiter nach Gründen zu fragen, verachtet ohne Motive den früher geliebten Mann, benimmt sich rätselhaft geradlinig, wie eine blinde, aufgezogene Puppe - der künstliche Körper, aus dem diesmal ein Leben im Geiste quillt, ist gar zu primitiv. Den Schauspielern des Bürgertheaters war damit eine viel zu schwierige Aufgabe zugemutet worden. Es war recht peinlich; nicht nur schauspielerisch war man dem Stück nicht gewachsen, es fehlte an der äußeren Kultur. Allein Frl. Ferida sah aus wie eine Lady Windermere, aber wo kreiste deren Seele?