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HISTORISCHER ZEITUNGSARTIKEL:
Illustriertes Sportblatt

12.12.1925

Historisches Logo der Zeitung »Illustriertes Sportblatt«

Der Schneefall hindert die Fußballer nicht!

Teilweise faire und teilweise unfaire Spiele auf ausgeschaufelten Spielfeldern. - Die Amateure verlieren an die Hakoah einen Punkt. - Der W.A.C. wird von Slovan geschlagen, Wacker vom Sportklub. - Siege Rapids und der Simmeringer.

Der heftige Schneefall vom Donnerstag konnte die Fußballspiele nicht unmöglich machen. Die Vereine ließen die Spielfelder säubern und die Spiele konnten, wenn auch auf glattem Boden, ausgetragen werden. Leider nahmen die Spieler nicht überall Rücksicht auf den Gegner und die Spiele W.A.C. gegen Slovan und Hakoah gegen Amateure verliefen in einer wenig erfreulichen Weise. Daß es aber auch anders geht, zeigten die Spieler in den anderen erstklassigen Spielen, in denen bei aller Rivalität fair und rücksichtsvoll gespielt wurde.

Nachstehend unsere Berichte:

Amateure gegen Hakoah 3:3 (1:1).

Man hat schon schönere Spiele gesehen als das zwischen den Amateuren und der Hakoah. Und auch fairer geführte. Die Leidenschaft des Kampfes riß leider wieder einmal die Spieler oder wenigstens einen Teil derselben, zu Unsportlichkeiten hin. Die Zuschauer haben sich den Hauptteil der Schuld zuzuschreiben. Wie wir schon einmal bei der gleichen Gelegenheit gesagt haben: Zwei Indianerstämme auf dem Kriegspfad.

Der Schiedsrichter hat bei solchen Anlässen immer ein gutes Leben. Herr Plhak konnte es den Zuschauern natürlich nicht recht machen und wurde mit Schimpfwörtern nur so überhäuft. Parteilichkeit war das Wenigste, was ihm vorgeworfen wurde. Hoffentlich ist im Zuschauerraume nicht ein strenger Kollege gesessen und hat über Plhak so den Stab gebrochen, wie Plhak es selbst vor kurzem über seinen Kollegen Kalkusch getan hat.

Die Amateure waren nicht ganz so gut wie sonst. Außerdem glaubten sie, als sie schon mit 3:1 führten, daß sie das Spiel nicht mehr verlieren könnten. Die Hakoah hatte aber für solche Dinge kein Verständnis und auf einmal war ausgeglichen. Dann war es für die Violetten zu spät, den neu erwachten Kampfgeist der Hakoahner zu brechen.

Bei den Amateuren schoß Wieser alle drei Tore, der eigentliche Lieferant war aber Hierländer, der ihm die Bälle wunderschön servierte. Überhaupt konnten auf beiden Seiten die Stürmer am besten gefallen, die Verteidiger boten ungleichmäßige Leistungen. Von Guttmann hatte man bedeutend mehr erwartet, er war nicht besser, sondern schlechter als Reiterer.

Der Besuch des Spieles war sehr schwach, die Kälte und der reichliche Schnee im Wienerwald sind ebenso heftige Gegner des Fußballsports wie im Sommer die Hitze und die kühlenden Fluten der Donau. Gegen die Elementarmächte kommt man halt nicht auf.

Slovan schlägt W.A.C. 2:0 (1:0).

Die Niederlage des W.A.C. kam nach den letzten Mißerfolgen Slovans unerwartet. Die Prater-Leute hätten auch ganz gut gewinnen können, wenn sie vor dem Tore nicht so jämmerlich versagt hätten. Die Mannschaft scheint in den letzten Spielen überhaupt in eine übertriebene Kombinationswut hineinzukommen, die sicher nicht am Platze ist. Es genügt nicht, sich die Chancen herauszuarbeiten, man muß sie auch ausnutzen können. Und daran fehlt es bei den W.A.C. Leuten gründlich.

Der W.A.C. leidet besonders an der Schwäche seiner Flügelstürmer. Huber ist ganz außer Form gekommen und seit dem Abgang Enwers kann der rechte Posten auch nicht vollwertig besetzt werden. Das fortwährende Experimentieren und das wiederholte Auswechseln der Spieler spricht eine deutliche Sprache.

Die Slovan-Leute hatten ihre besten Leute in den Stürmern Hanel und Eckl, die ihre oft gerühmten Vorzüge zur vollsten Geltung brachten. Außerdem verdient besonders bemerkt zu werden, daß die beiden absolut fair spielten, was man von einigen ihrer Kollegen im Angriff und besonders in der Deckung nicht sagen kann. Namentlich Barback tat sich immer wieder durch Derbheiten hervor, die auf dem harten und gefrorenen Boden leicht zu schweren Verletzungen des Gegners hätten führen können.

Das Spiel war durch die scharfe Gangart nicht sehr erfreulich und der Schiedsrichter Werner war leider zu schwach, um von allem Anfange an die entsprechenden Maßregeln zu ergreifen. Als er dann ernst machte, war es zu spät. Die Szenen, die sich nach dem Ausschluß Zdarskys im Zuschauerraume abspielten, waren nicht sehr angenehm. Der ausgeschlossene Spieler wurde von einem Zuschauer attackiert, der dann selbst infolge der Aufregung, von Herzkrämpfen befallen, zusammenbrach und von der Rettungsgesellschaft abtransportiert werden mußte. Die Rettungsgesellschaft hatte übrigens auch noch ein zweites Mal zu tun, da sie bei dem W.A.C. Spieler Braun intervenieren mußte, der sich durch einen Sturz eine Verletzung am Rücken zugezogen hatte.

Sportklub schlägt Wacker 3:2 (1:2).

In Dornbach ging es bei aller Rivalität und trotz des knappen Resultats vollständig ruhig zu. Die Spieler gerieten zwar auf dem glatten Boden wiederholt hart aneinander und es gab Stürze in Menge, man konnte aber doch immer sehen, wie sich die Leute bemühten, den Gegner nicht zu verletzten. Es berührte geradezu wohltuend, zu sehen, wie die Spieler sich auf beiden Seiten ihrer gestürzten Gegner annahmen und ihnen unter Entschuldigungen auf die Beine halfen. Die vielen Freistöße, die Schiedsrichter Preßler da und dort geben mußte, sind also gewiß nicht tragisch zu nehmen. Die beiden Mannschaften zeigten, daß auch auf glattem Boden fair und rücksichtsvoll gespielt werden kann.

Der Sportklub erinnerte sich an seine Form, die er gegen Slovan gezeigt hatte. Er spielte weit besser als am vorigen Sonntag, wobei besonders die Verbesserung der Angriffsreihe in Erscheinung trat. Es wurde zeitweise recht gut kombiniert, nur wurde noch immer viel zu wenig geschossen. Besonders Severin kann sich nur in den seltensten Fällen dazu entschließen, einen Schuß zu versuchen. Am wirkungsvollsten war wieder einmal der kleine Bauer, der zwei Tore schoß. Eines davon war wohl ein sogenannter "Abstauber", das zweite aber fiel aus einem wirklich guten hohen Schuß vom Flügel her, der über den stürzenden Maresch hinweg in der entferntesten Ecke des Tores landete.

Es zeigt sich immer mehr, daß Wacker mit seinen Ausländern keinen glücklichen Griff gemacht hat. Emerling ist ja bereits nicht mehr in Verwendung. Wacker möchte ihn lieber heute als morgen abschieben, aber der gute Mann pocht auf seinen Vertrag, bleibt in Wien und läßt sich ruhig seine Gage zahlen. Dann sind noch Bejbl und Syklossy da, die auch im Grunde genommen nur zum Krenreiben gut sind. Es wäre höchst sonderbar, wenn auf dem urgesunden Meidlinger Boden nicht auch solche Kapazitäten heranwachsen sollten, wie sie von diesen beiden teuren Ausländern dargestellt werden. Lediglich Buresch konnte diesmal gefallen. Er schoß aus Leibeskräften und brachte den gegnerischen Tormann Edi häufig in Verlegenheit.

Für den schweren Resch war das Spiel auf dem glatten Boden kein Genuß. Er mußte sich ein paarmal sogar von dem jungen Pillwein an der Nase herumführen lassen. Wenn der "Poldl" allerdings das Leder einmal am Fuße hatte, dann spielte er es seinen Mitspielern immer geschickt und verwendbar zu. Von den Verteidigern Wackers verdient Kolendorfer erwähnt zu werden, aber hauptsächlich wegen seines fortwährenden Reklamierens, das nicht nur dem Schiedsrichter, sondern auch den Zuschauern auf die Nerven geht. Das ununterbrochene Raunzen muß doch wirklich nicht sein. Und der Schiedsrichter hat doch nicht immer unrecht.

Rapid schlägt Rudolfshügel 6:4 (3:0).

Im Kampfe gegen die Hütteldorfer zeigten sich die Rudolfshügler einmal auch von der energischen Seite. In der ersten Hälfte sah es mit ihren Leistungen freilich ziemlich trostlos aus. Zu diesem Zeitpunkte gaben sie sich zu einem reinen Katz- und Mausspiel her und führten dabei die Hütteldorfer in die Versuchung, bequem zu werden. Ganz anders wurde es gegen Schluß des Spieles. Da gab jeder sein Bestes, und wenn nicht Litzky durch seine Unentschlossenheit ein Tor verschuldet hätte, würde sich auch der verdiente Lohn dafür eingestellt haben.

Am nützlichsten erwies sich für die Blau-weißen diesmal ihr Mittelläufer Nimrichter, der mit einem wahren Bienenfleiß stets darauf ausging, den Neuling Madlmayer auf der Gegenseite kaltzustellen. Ein guter Angriffsleiter war Hofstetter, nur hielt er sich immer zu weit hinten auf. Trotzdem gelangen ihm zwei schöne Tore. Auch Kamesch, der gute rechte Flügelstürmer der Rudolfshügler, kam durch ihn oft zum Wort.

Man soll einen Gegner, auch wenn er noch so schwach scheint, nicht unterschätzen. Diese Fußballweisheit, die doch schon ziemlich alt ist, beherzigten die Rapid-Stürmer keineswegs. Sie hatten dabei gar keine Veranlassung, übermütig zu werden, denn sie lebten ausschließlich nur von der Leistungsfähigkeit der alten Routiniers Wessely und Wondrak. Die jüngere Generation konnte sich nicht besonders hervortun. Hofmann ist viel zu weich und Kirbes war ja nie ein Kirchenlicht. Wesselyk bildete sich wieder einmal sehr viel auf seinen scharfen Schuß ein. Was aber nützt der schärfste Schuß, wenn er stets um Stockwerkhöhe über das Tor hinwegsaust!

Sehr peinlich ging Schiedsrichter Michl mit dem Anpfeifen von Freistößen um. Man merkte es ihm an, daß er die unliebsame Affäre, die sich wegen eines solchen Pfiffes erst vor kurzem in Floridsdorf zugetragen hatte, noch lange nicht vergessen hat. Und das ist ganz gut, denn gerade durch solche Kleinigkeiten, wie es ja schließlich ein Anpfeifen eines Freistoßes ist, können die größten Mißverständnisse entstehen. Ein Mißverständnis aber ist bei einem Fußballmatch gleichbedeutend mit einem großen Krawall und große Krawalle gehen nicht immer so harmlos aus, wie dies bei der Affäre in Floridsdorf der Fall war. Also lieber zweimal pfeifen, statt gar nicht! So dachte auch Herr Michl, denn er ging oft in seiner Vorsicht so weit, einen Freistoß statt einmal zweimal anzupfeifen. Es ist aber anzunehmen, daß er mit der Zeit auch in dieser Beziehung den goldenen Mittelweg finden wird.

Simmering schlägt Floridsdorf 4:2 (2:2).

Die Simmeringer errangen über die Floridsdorfer den von den meisten erwarteten Sieg. Die Florisdorfer sind eben in der Fremde nicht so stark wie daheim. Die Mannschaft der Simmeringer ist jetzt wieder recht in Schwung, besonders der Angriff und die Deckung. Der Star der Stürmerlinie ist Danis, der auf seine alten Tage plötzlich ein Flügelstürmer geworden ist, und zwar ein sehr gefährlicher. Der Schropp Horwath spielt neben ihm in der Verbindung und gibt ihm fein gedrehte Paßbälle, so daß der lange Danis nur zu rennen und zu schießen braucht.

Merkwürdigerweise war die sonst so unrein arbeitende Verteidigung der Floridsdorfer diesmal sehr gut, der beste Teil ihrer Mannschaft und auch besser als die gleiche Formation auf der Gegenseite. Der Verteidiger Cihak II hat schon lange nicht mehr so gut gespielt. Dafür klappte es im Angriff nicht, Iszda ließ dort seine in den letzten Spielen an ihm gerühmten Qualitäten vermissen und auch die anderen waren nicht gut, in erster Linie viel zu langsam. Röhrenbacher spielte vielleicht am schwächsten, er braucht sich aber nichts darauszumachen, denn auch die besten Spieler haben schon schlechte Tage gehabt.

Der Floridsdorfer Tormann Hofer lieferte ein sonderbares Spiel. Er blieb ja sehr erfolgreich, aber zur Nachahmung möchte man seine Art seinen Kollegen nicht gerade empfehlen. Schließlich ist es ja recht schön, ein Tor verhütet zu haben, aber noch schöner ist es, mit gesunden Gliedmaßen vom Felde zu gehen. Man muß ja nicht bei jeder Gelegenheit sein Leben aufs Spiel setzen und es gibt eine Grenze zwischen Mut und Tollkühnheit, die ganz gut eingehalten werden kann.

Als Schiedsrichter fungierte - ein Zeichen der Notlage des Kollegiums - Herr Seemann, der Manager des W.A.C. Er regte sich nicht sonderlich auf und entschied sich auch bei der großen Kälte dafür, das Spiel von der Mittellinie zu leiten. Es gelang so ziemlich, denn die Mannschaften waren diszipliniert und schlugen nicht über die Stränge, die ihnen locker genug gelegt waren.

Die Floridsdorfer haben wegen ungenügender Markierung des Spielfeldes einen Protest eingelegt, der aber nicht zur Annullierung des Spiels führen kann.

Historischer Zeitungsartikel: Illustriertes Sportblatt, 12.12.1925
Spielszene aus dem Spiel Amateure-Hakoah. Fotografie.
Amateure-Hakoah 3:3. Neufeld erzielt mit wuchtigem Schuß das erste Tor für die Hakoah.

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