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HISTORISCHER ZEITUNGSARTIKEL:
Wiener Allgemeine Zeitung

20.2.1919

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Unsere tägliche Not.

Unsere tägliche Not hat, seit die Quote ausschließlich dazu da ist, verkürzt zu werden, das tägliche Brot abgelöst, Sie ist der einzige Ersatz, den wir geliefert bekommen, ohne Rücksicht darauf, ob wir mit ihm zufrieden sind. Gestern haben wir zwar noch einen normalen fleischlosen Tag gehabt - aber heute beginnt dafür die außergewöhnliche, fleischlose Woche, die eine der neuesten Segnungen bedeutet und die, weil sie zwischen zwei fleischlose Tage fällt, neun Tage lang dauert! Man weiß zwar nicht, wem man gram sein soll, aber man weiß ebensowenig, wie man in dieser Zeit sein Auslangen findet, was man auf den Mittagstisch stellen wird.

Um den Uebermut nicht zu fördern, wird gleichzeitig verlautbart, daß es mit den Kohlenzuschüben trauriger aussieht denn je. Mit der Einstellung der selten, aber immerhin doch verkehrenden Schnellzüge konnte es nicht sein Bewenden haben. Da vom Zimmerbrand keine Rede mehr ist, wird nun auch der Küchenbrand herabgesetzt. Eigentlich eine logische Konsequenz. Da man doch ohnehin so gut wie gar keine Nahrungsmittel mehr bekommt, ist doch auch die Kohle überflüssig geworden, die man einmal, lang, lang ist's her, zum Kochen jener entschwundenen Nahrungsmittel gebraucht hat.

Wer sich damit abgefunden hat, dem Magen etwa kalte Speisen zuzuführen, der wird mit Interesse erfahren, daß z. B. Wurstwaren, auf die es gerade jetzt sehr ankäme, natürlich nicht in Rechnung gestellt werden können, weil sich der Wucher ihrer bemächtigt hat und Preise diktiert, die ohne jede Rücksicht auf die Mimosenhaftigkeit einer schönen Schleichhändlerseele unverschämt genannt werden müssen. Natürlich kann niemand gegen die Ansetzung solcher Preise etwas unternehmen; keine Behörde hat eine Handhabe, einzuschreiten. Man weiß zwar nicht, weshalb die Behörden, die zuständigen natürlich, plötzlich gebundene Hände haben - immerhin, man nimmt es zur Kenntnis, daß der Wucher sich der Wurstwaren bemächtigt hat, die nun auch schon ein Nahrungsmittel jener obersten Zehntausend geworden sind, für die es, komme, was da komme, noch immer keine Ernährungsschwierigkeiten gibt.

Historischer Zeitungsartikel: Wiener Allgemeine Zeitung, 20.2.1919

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