WIR GRATULIEREN! MENSCHEN SCHREIBEN GESCHICHTE

Die Hochsaison des Abendkleides, der Fasching, ist längst vorbei, doch verdient auch die sommerliche Abendtoilette einige Beachtung. Waren für die Zeit der winterlichen Tanzmonate, Soiree- und Balltoilette fast keine getrennten Begriffe mehr, so zeigt sich nunmehr doch wieder das ausgesprochene Abendkleid in bescheideneren und bedeutend anspruchsloseren Formen.

Von dem grellen, vielleicht speziell für unsere Zeit schon allzu grellen Auftreten einer derartigen Toilette, wie sie im heurigen Fasching in allen Ball- und Theatersälen anzutreffen war, ist an den Modellen für den Sommer nicht mehr viel zu bemerken. Die über und über bestickten, perlengeschmückten Kleider, die ganz auf Licht und Farbeneffekt eingestellt waren, passen sehr gut in winterliche, mit exotischen Pflanzen geschmückte Räume, auch an den Luxusorten der Riviera mag ihre faszinierende Wirkung am Platze sein - das Vorbild eines eleganten sommerlichen Abendkleides von ruhiger, dezenter Wirkung sind sie jedoch nicht.

Die Frühjahrsmode bringt uns diesmal eine Menge gefälliger und kleidsamer Ideen, von denen eine der vernünftigsten diese ist, den Frauen wieder so viel Stoff zuzugestehen, daß sie nicht gezwungen sind, sich in enge, unscheinbare und oft, wenn es sich nicht gerade um sportliche Zwecke handelt, recht unvorteilhafte Gewänder zu kleiden. Nein, diesmal ist die Mode freigiebig. Stoffraffungen, vorausgesetzt, daß das Material weich und schmiegsam ist, da der äußere schlanke Umriß der Figur vorderhand noch bewahrt bleiben muß, sind nicht nur gestattet, sondern sogar äußerst bliebt.

Freigiebig ist die Mode aber auch in Bezug auf Farbe und Musterung, wobei jedoch die Grenzen des guten Geschmackes stets geachtet werden, obwohl die Fülle der in Anwendung gebrachten Modefarben die Gefahr einer Toilette à la "Farbenkastl" in bemerkenswerte Nähe rückt. Charakteristisch für die diesjährige Frühjahrs- und Sommermode ist die Vorliebe für feine, hauchdünne und durchsichtige Gewebe. Die vielen derartigen Stoffarten, Crepe de Chine, Crepe Marocain, Crepe Georgette, Mousseline, Chiffon und so noch eine lange Liste fort, eignen sich in hervorragender Weise zur Herstellung eines graziösen, im Stil etwas komplizierten Abendkleides neuesten Genres.

Zur beliebten Art, das reiche, in bewegten Linien gehaltene Abendkleid, - der Jumper hat auf diesem Gebiet nicht mehr mitzureden, - in zweierlei Farben oder in gemustertem und einfarbigem Material zu halten, gesellt sich auch die Vorliebe für die Kombination von Stoff und Spitzenarrangements. Die jugendliche Note einer derartigen Soireetoilette betont die moderne Deffinierung, große, dekorative Blumen und Blüten darstellend, wesentlich.

Im Sommer soll der große, blumengeschmückte Florentiner endlich wieder in seine Rechte treten, ein Zeichen dafür, daß unsere Frauenwelt doch nicht dauernd auf sämtliche Attribute weiblicher Kleidung verzichten will. Ganz kühne Propheten sprechen sogar bereits ernsthaft vom Ende des Bubikopfes, sehr zum Verdruß derjenigen, die nicht nur so ganz aus rein praktischen Erwägungen heraus ihr langes Haar geopfert haben.

Th. Holzer