WIR GRATULIEREN! MENSCHEN SCHREIBEN GESCHICHTE

Startseite.

Schriftzug WIR GRATULIEREN! MENSCHEN SCHREIBEN GESCHICHTE


22 historische Zeitungsartikel gefunden

[ Übersicht & Neue Auswahl ]


Beitrag 11 von 22

Zurück | Vor

HISTORISCHER ZEITUNGSARTIKEL:
Wiener Allgemeine Zeitung

25.6.1917

Historisches Logo der Zeitung »Wiener Allgemeine Zeitung«

Die neue Modelinie für Herbst und Winter 1917.

Es ist immer dankbarst zu begrüßen, wenn Wiener Frauen an der Wiener Modebestrebung aktiven Anteil nehmen. Was ist doch natürlicher, als daß Frauen im Modefach ein gewichtiges Wort sprechen, das weit und breit gehört und angehört werden soll! Da die Förderung der Mode bisher - wie merkwürdig! - hauptsächlich durch männliche Führung geschah, wird es gewiß sehr gerne gesehen werden, wenn es nun auch Frauen übernommen haben, an der Vorbereitung der Mode, die bei uns geschaffen wird, teilzunehmen. Man kann es also nur mit Vergnügen begrüßen, wenn gute Modeskizzenentwürfe von einer begabten Künstlerin neidlos ausgestellt werden, die im Rahmen einer Ausstellung zeigen, was bei uns geschaffen wird.

Frau Grete Kalons hat in ihrer am 24. Juni eröffneten Ausstellung, die sich 6. Bezirk, Corneliusgasse 5, geöffnet 10 bis 6 Uhr, befindet, gezeigt, wie glänzend einfach es ist, die neue Moderichtung allen Interessenten zugänglich zu machen, ohne daß wieder die Bitte an die großen Häuser ergeht, sie mögen die Richtlinien angeben. Es war dies doch jedesmal ein innerer Kampf bei den Neidvollen: "Um Himmelswillen, nur nichts verraten!", war ihre Devise. So ähnlich war denn auch die Antwort der Ueberängstlichen, die, wollte man sie im Herbst befragen, was werden Sie arbeiten, "lange oder kurze Jacken?", die Antwort orakelten: "Beides." "Machen Sie enge Röcke?" "Enge und weite", war die Antwort usw.

Diese bornierten "Führer und Führerinnen" - es gibt auch natürlich einige Großzügige! - sind nun überflüssig, da sich endlich eine talentierte Frau gefunden hat, die auf die Frage, was modern ist, mit einer großen Modellskizzen-Ausstellung antwortet, wie in diesem Fall, eine Ausstellung, die Interessenten frei zugänglich ist und an Hand von Bildmodellen zeigt, wie die neue Silhouette aussehen wird. Die neidvolle Geheimniskrämerei ist ja der Tod jedes Fortschrittes und ein Zeichen der Schwäche. Es ist auch für die Schneiderkunst viel vorteilhafter, wenn nicht ein oder der andere Salon die neue Mode angibt, sondern, wie in diesem Falle, eine vielseitige Bilderreihe Anregungen zeigt nebst den Grundbegriffen der neuen Linie.

Die ist diesmal natürlich wieder anders als im Vorjahre, denn die Mode will ja immer Abwechslung und Aenderungen haben, sie will stets neu und originell erscheinen, damit sie ihren koketten Ruf nicht verliert. Was wäre die Mode ohne das Beiwort "neu", sie braucht die stete Verjüngung, das nie verblassende Interesse der Damen, das sie umkost und umschmeichelt. So merkwürdig und absonderlich sie manchmal auch auftritt, es bleibt ihr treu. Diesmal sehen wir sie wieder einmal in den Rock verliebt, den sie mit ihren neuesten Ideen bedenkt.

Die Weite des Rockes hat sie satt - wir allerdings der Bequemlichkeit wegen wohl nicht, aber das tut nichts - sie drapiert und bauscht ihn seitlich, läßt seiner Weite freiesten Spielraum, bis zu den Knien, dann plötzlich hält sie ihn ein, bald durch eine Blende, bald durch eine Rüsche, die Weite verjüngt sich - wie der Mode-Ausdruck lautet - nach unten zu. Die Kostümjacken sehen wir in der Kalons-Ausstellung lang, seitlich gerade, vorteilhaft geschnitten und mit unregelmäßigem Rand, der in Zipfen übergeht, versehen. Vielen neuen aparten Gürtelideen begegnet man, neuen Kleiderformen, die sich von der Kittelfasson entfernen, ohne trotzdem fest und anliegend zu wirken.

Man sieht Mäntel, die ebenfalls unten eingehalten sind, mit Pelzverbrämungen, sehr aparte Abendkleider mit Phantasiedirektoire-Ueberwürfen, sehr hübsche einfache Nachmittagskleider in ganz neuen Tunique-Kombinationen, reizende hohe Helmhüte aus gewundenem Samt oder flachere Barette; Aufputz: Stickereien, Pelz, Quasten, kurz eine Menge reizvoller Neuheiten, die einen Besuch dieser neuartigen Ausstellung lohnen. Heimisches Talent verdient, gefördert zu werden. Und wenn dies nicht offiziell geschieht - so viel auch davon gesprochen wird - ist es gut, wenn es die Leute tun, die alles Interesse daran haben, daß die Mode auch bei uns in Wien ein Heim findet. Nutzen ziehen ja doch wir davon ...

Historischer Zeitungsartikel: Wiener Allgemeine Zeitung, 25.6.1917

Erzählen SIE uns von früher. Wir veröffentlichen Ihre Geschichte.

Diese Seite an jemanden senden






Zurück | Vor


XHTML | CSS|

WIR GRATULIEREN! MENSCHEN SCHREIBEN GESCHICHTE.

Ein DER LICHTBLICK Projekt.