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HISTORISCHER ZEITUNGSARTIKEL:
Neues Österreich

15.9.1945

Historisches Logo der Zeitung »Neues Österreich«

Drei alte Wracks - ein neuer Wagen

Wege der Selbsthilfe

Von einer raschen und umfassenden Lösung der Transportfrage hängt viel ab. Behörden und Fuhrwerksunternehmer sind damit beschäftigt, Autowracks abzuschleppen, um daraus neue Wagen formen zu können.

In einer kleinen Garage zwischen halb und ganz zerlegten Wagen, scheinbar planlos herumliegenden Rädern und Motorenteilen findet einer unserer Berichterstatter den Fuhrwerksbesitzer F. In einem blauen Arbeitsanzug, mit ölverschmierten Händen, erhitzt von der Arbeit, erteilt der Mann seine Weisungen, greift selbst zu, wo es nötig ist und weiß aus jeder Lage doch noch einen Ausweg.

Von seinem Unternehmen erzählt er: "Vor der Befreiung Wiens hatte ich neun Lastwagen in Betrieb. Dann kamen die Kampftage , und als alles vorbei war, zeigte es sich, daß mit den abziehenden deutschen Truppen auch die Lastwagen verschwunden waren. In ganz Wien waren nur noch wenige Autos vorhanden. Keine Aussicht also, in absehbarer Zeit Ersatz zu bekommen. Aber gefahren mußte werden, denn die Versorgung Wiens stand auf dem Spiel.

Aus eigener Initiative suchten wir in den Straßen die Autowracks zusammen. Hier fand sich ein Fiat, dort ein Steyr, ein Daimler, ein Opel. Hier fehlten zwei Räder, dort war der Kühler zerschossen, beim dritten war die Karosserie zerstört und der vierte Wagen lag auf dem Rücken und streckte seine Räder gegen den Himmel. Aber so zerstört war kein Wagen, daß nicht noch brauchbare Teile an ihm gewesen wären. Wir ließen uns daher von der Gemeinde Wien die Genehmigung erteilen, die Wracks abzuschleppen.

Wie wir das machten, war in den ersten Tagen nach dem Abzug der Wehrmacht uns allein überlassen. Autos gab es nicht, also mußten Pferde herbeigeschafft werden, Pferde und kräftige Männerarme. Als dann die Wracks glücklich in der Werkstatt standen, ging die Arbeit erst richtig los. Wir zerlegten die Autos, sortierten die brauchbaren Teile aus und stellten sie wieder zusammen. Was macht es schon aus, wenn der neue Wagen nicht gerade schön aussieht oder den modernsten Anforderungen entspricht, wenn er aus den Bestandteilen von drei oder vier verschiedenen Automarken zusammengesetzt ist? Die Hauptsache ist - er fährt! Jetzt habe ich schon wieder mehrere Wagen, die für die gemeinde Wien fahren. Allerdings würde es mir oft schwer fallen, die Firmenmarke oder gar die Typenbezeichnung anzugeben", sagte der Fuhrwerksbesitzer lachend.

Und dieser Mann, der heute Fabrikant, Monteur und Chauffeur in einer Person ist, ging wieder an seinen Arbeitsplatz zurück, um den Einbau des Differenzials zu beaufsichtigen.

Historischer Zeitungsartikel: Neues Österreich, 15.9.1945

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