10.5.2006
7.5.1911
Im September v. J. besuchte der 23jährige Franz Grill, ein deutschradikaler Handlungsgehilfe, eine Versammlung des katholischen Jünglingsvereines, die in Hradahof bei Leitmeritz stattfand. Am Schlusse der Versammlung brachte der Vorsitzende ein Hoch auf Papst und Kaiser aus, worauf die Anwesenden stehend das Kaiserlied sangen. Grill und seine drei Freunde blieben dabei sitzen, weshalb sie von den Versammlungsteilnehmern aus dem Saal gedrängt wurden.
In der Türe machte nun Grill die Aeußerung: "Vor dem Papst und dem Kaiserlied stehe ich nicht auf!" Vor dem Kreisgerichte Leitmeritz wegen Majestätsbeleidigung angeklagt, verantwortete sich Grill dahin, er habe auf die Frage, warum er nicht aufgestanden sei, bloß geantwortet: "Weil es in erster Linie dem Papst galt"; der Gerichtshof schenkte dieser Verantwortung keinen Glauben, sprach aber trotzdem Grill frei, weil auch die inkriminierte Aeußerung keine Schmähung oder Beleidigung der Person des Kaisers bedeute.
Ueber Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft hob heute der Kassationshof den Freispruch auf und wies die Sache zur neuerlichen Verhandlung an die erste Instanz, weil zum Tatbestand der Majestätsbeleidigung auch eine bloße Ehrfurchtverletzung genüge, deren Vorhandensein das erstrichterliche Urteil nicht ausgeschlossen habe.
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