12.10.2005
11.10.1925
Mit den Fiakern ist auch eine zweite Wiener Volkstype ausgestorben: der "Wasserer". Er hielt sich einst bei den Standplätzen auf, besaß ein großes Schaff und ein gutes Mundwerk. Davon machte er getreu dem Grundsatz, daß die Arbeit munter fortfließe, wenn frohe Reden sie begleiten, reichlich Gebrauch: während er die Wagen wusch und die Pferde tränkte, hielt er lehrreiche Vorträge über Politik und Volkswirtschaft, die in Lokalhumoresken oder in Gerichtsakten anläßlich von Ehrenbeleidigungsklagen festgehalten wurden.
Das Auto braucht kein Wasser. Dafür aber Benzin. Diesem Bedürfnis verdanken die Wiener Straßen ihre neueste Sehenswürdigkeit: die öffentlichen Benzinquellen.
Die Entstehungsgeschichte dieser jüngsten Einrichtung begann genau so wie die Entdeckung von Schallerbach mit einer Bohrung. Vor der Volksoper, am Praterstern und am Schmerlingplatz schlugen eines Tages geheimnisvolle Schatzgräber ihre Zelte auf. "Zelte" wörtlich genommen. Sie zerstörten das Pflaster und huben mit einer Emsigkeit zu graben an, als gelte es, den Mittelpunkt der Erde bloßzulegen.
Die Meinungen über den Zweck des Unternehmens gingen weit auseinander. Die einen erblickten darin ein angehendes Braunkohlenbergwerk, die anderen die ersten Anzeichen einer Untergrundbahn und die dritte Gruppe vermutete sogar, es handle sich um die Vorarbeiten für einen Bau aus den Erträgnissen der Wohnbausteuer.
Um allen Zweifeln ein Ende zu bereiten, entschloß sich die Firma, auf deren Kosten die Grabungen vorgenommen wurden, eine Tafel mit der Aufschrift: "Oeffentliche Benzinzapfstelle" anzubringen. Daraufhin entstand das Gerücht, in Wien sei eine Benzinader entdeckt worden. Ein Kursrückgang der Petroleumaktien war an der Börse die Folge.
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