23.8.2005
23.8.1903
"Es ist mir lieber, Sie machen die Sache mit meinem Manne ab," sagte die Frau und ging, ihren Mann zu rufen. Während sie dahinging, kam mir mit einemmale zum Bewußtsein, wie klug und dabei echt weiblich diese einfache Frau, die ich lange flüchtig kannte, handelte. Sie hatten ein größeres Geschäft, in dem Mann und Frau tätig waren. Es war unschwer, zu erkennen, daß die Frau die geistige Kraft im Geschäftsbetriebe war, daß sie, besser als der Mann, die Sache verstand. Trotzdem trat sie, wo es sich um eine Entscheidung von nur einiger Bedeutung handelte, stets bescheiden zurück und überließ es dem Manne oder veranlaßte ihn, vielmehr, diese zu treffen.
Er war ein ziemlich unbedeutender Mensch mit einem unverkennbaren Hang zur Bequemlichkeit. Mit großem Geschicke verstand es die Frau, seine Mängel der Welt gegenüber zu verdecken, während sie andererseits ihn durch ihre kluge Handlungsweise zwang, diese zu bekämpfen und ihn in seiner Selbstachtung bestärkte. Wenn man selbst glauben mochte, daß es Stolz sei, der sie ihren Gatten den Menschen gegenüber im vorteilhaftesten Lichte erscheinen lassen wollte, so mußte man doch zugeben, daß nur große Liebe und Geduld es vermochten, mit beharrlicher Ausdauer sich selbst hintanzusetzen und immer wieder von neuem ihre bessere Intelligenz dem Manne zuliebe zu verleugnen.
Der Mann kannte wohl die geistige Ueberlegenheit seiner Frau; da ihm diese aber nie in unangenehmer Weise fühlbar geworden, verehrte er die Frau um ihres Verstandes willen umsomehr, hätte sich ihr vielleicht willig untergeordnet, wenn sie nicht mit ebensoviel Takt als Klugheit ihn in der ihm gebührenden Ueberordnung gehalten hätte.
So wurde diese Ehe, die bei der Veranlagung des Mannes unter ungünstigen Vorbedingungen geschlossen worden, durch die Klugheit der Frau zu einer selten glücklichen.
WIR GRATULIEREN! MENSCHEN SCHREIBEN GESCHICHTE.
Ein DER LICHTBLICK Projekt.